Die Unsichtbaren
Eine Insel-Saga
Roman
Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann
Sie leben auf einer Insel südlich der Lofoten, der alte Martin, Barbro, seine ledige Tochter und ihr Bruder Hans mit Frau Maria und der kleinen Ingrid. Die Insel heißt wie die Familie: Barrøy. Ihr Alltag ist hart, Schafe, Kühe und ein Pferd tragen zum Lebensunterhalt bei, das Meer bringt Fische und Stürme, manchmal auch Gestrandete. Für ein halbes Jahrhundert, über die Weltkriege hinaus, macht Jacobsen Leserinnen und Leser zu Weggefährten dieser Familie. Ein in der Kargheit der Sprache und der Intensität der Bilder geradezu berauschender Roman.
Um die Taufe der kleinen Ingrid zu besprechen, lässt sich Pastor Malmberget über das Meer nach Barrøy rudern - ohne triftigen Grund besteigt man im Norden Norwegens kein Boot. Denn das Meer ist unberechenbar. In den heftigsten Winterstürmen könnte man sogar befürchten, dass die Insel untergeht. Im Frühjahr darf die Katze nicht aus dem Haus, weil eine Eiderente unter der Außentreppe nistet und ihre Federn zum Wertvollsten gehören, das die Natur auf die Insel trägt, im Sommer wird Torf gestochen. Es kommt vor, dass ein Schuppen dreimal gebaut werden muss, weil Herbststürme alles Aufgerichtete ins Meer tragen. Als Ingrid sechs ist, kann sie über das zugefrorene Meer bis zur Insel des Pastors laufen. Sechs Jahre später wird der Sommer so heiß, dass ein neuer Brunnen gegraben werden muss, um Menschen und Tiere vor dem Verdursten zu retten. Großvater Martin ist gerade beerdigt, als auch der Vater stirbt. Und von diesem Moment wächst Ingrid die Verantwortung einer Erwachsenen zu.
Für die Pflegekinder Felix und Suzanne wird sie zur Mutter, sie erbt die Insel. Als auch ihre Mutter stirbt, die Tante im Krankenhaus liegt und alle Kinder die Insel bereits verlassen haben, ist der Krieg zurückgekehrt. Ingrid arbeitet im Hafen der Handelsstation, wo die deutschen Truppen stationiert sind. Als sie nach Barrøy zurückkehrt, stranden Tote an den Küsten der Insel. Sie tragen deutsche Uniformen, unterfüttert mit Holzwolle, zum Schutz gegen die Kälte. Einen findet Ingrid lebend, er spricht Russisch. Sie pflegt den um einige Jahre Jüngeren, verliebt sich in Alexander Nischnikow, muss ihn fortschicken, bevor sie erfährt, dass sie schwanger ist.
Im dritten Teil der großen Saga ist der Krieg vorbei, Barrøy wieder bevölkert und Ingrid macht sich mit ihrer Tochter Kaja, die Alexander wie aus dem Gesicht geschnitten ist, auf die Suche nach dem Geliebten. Ist bisher alles im Präsens - aus der Nähe - geschildert worden, rückt Jacobsen diesen letzten Teil mit dem Präteritum in eine zeitliche und räumliche Distanz. So als würde Ingrid, indem sie sich von der Insel entfernt, sich auch von ihrem Leben, dem Quell ihrer Energie entfernen. Sie wird zurückkehren als eine andere, wird viel gesehen und erfahren haben und eine neue Zeit wird auch auf Barrøy angebrochen sein.
C.H.Beck
Hardcover: 612 Seiten, ca. € 28,-
E-Book: 22,99
DAS IST DRIN
Gesetzen der Natur
wie die Landschaft:
spröde, fesselnd, grandios
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